Die Sozialdemokratische Partei Appenzell Innerrhoden (SP AI) sagt nach kontrovers geführter Debatte «Ja» zur Initiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen». Diese Initiative ist eine Antwort auf den künftig technologisch bedingten Verlust an Arbeitsplätzen und ein Konzept für eine gerechtere Verteilung von Einkommen. Dabei geht es um die Stärkung der Menschenwürde im Wandel unserer schnelllebigen Zeit.

Diese Initiative will ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Menschen in unserem Land einführen, damit alle Anspruch auf ein würdiges Leben haben. Häufig wird Bedürftigen, welche Sozialhilfe beziehen – wie IV-RentnerInnen, Arbeitslose oder Asylsuchende – Misstrauen entgegengebracht. Sie werden als Schmarotzer oder Simulanten stigmatisiert. Das sind u.a. Gründe, dass über 200'000 in Not geratene Menschen in unserem Land ihr Recht auf öffentliche Unterstützung nicht in Anspruch nehmen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen kann dies ändern. Erst wenn alle eine Rente erhalten, muss sich niemand mehr dafür schämen. Mit der Einführung der AHV haben wir diesen Zustand für Menschen im Pensionsalter bereits erreicht. Das bedingungslose Grundeinkommen könnte zum Sozialwerk der Zukunft werden.

Erstmals in der Geschichte der Technologie werden mehr Arbeitsplätze zerstört als geschaffen. Es ist längst eine schleichende Roboterisierung im Gange und der technische Fortschritt führt zum Verschwinden immer mehr gut bezahlter Stellen. Damit schrumpft der Mittelstand. Einkommen und Vermögen konzentrieren sich bei den Reichen. Roboter konsumieren jedoch nichts – ausser eine grosse Menge Energie. Arbeitslose oder Unterbeschäftigte können nicht mehr konsumieren, weil sie zu wenig verdienen. Ein Grundeinkommen könnte diese Diskrepanz auffangen und unsere Gesellschaft vor einer steigenden Vermögensungleichheit bewahren.

Die Finanzierung dieses bedingungslosen Grundeinkommens ist im Initiativtext nicht bestimmt. Sie muss bei einer Annahme vom Parlament festgelegt werden. Es erfordert eine steuerpolitische Neuausrichtung. Bereits heute gelangen wir an die Grenzen der Finanzierung unserer Sozialwerke. Gründe dafür sind kürzere Arbeitszeiten, wachsende Lohnarbeitslosigkeit und der demographische Wandel. Die vom Zürcher Finanzunternehmer Felix Bolliger und vom Ökonomen Marc Chesney von der Universität Zürich vorgeschlagene Mikrosteuer auf dem gesamten elektronischen Zahlungsverkehr ist eine sinnvolle Variante. Denn eine solche einfache Steuer von 0,2 Prozent pro Zahlung würde mehr einbringen als alle heute in unserem Land durch unser kompliziertes Steuersystem erhobenen Einnahmen. Damit würde auch jede im Sekundentakt getätigte elektronische Buchung auf den mächtigen Finanzmärkten besteuert.

Zum Schluss noch dies: Credit Suisse und UBS haben ihren CEOs bereits über Jahre hinweg mit Löhnen und Boni ein bedingungsloses Grundeinkommen in jährlich zweistelliger Millionenhöhe ausbezahlt – ohne Bezug zu erbrachten Leistungen. Und Arbeitnehmende haben bisher zur stetigen Steigerung von Produktion und Kapital beigetragen. In einer Zeit, in der unsere Gesellschaft immer produktiver wird, jedoch gleichzeitig Armut erzeugt, ist es angebracht, ihnen etwas zurückzugeben.

Die SP AI sagt «Ja» zu einem bedingungslosen Grundeinkommen, weil dieses Modell Antworten auf wichtige gesellschaftliche Herausforderungen unserer Zukunft gibt.

29. Mai 2016