Heute beträgt die Mehrwertsteuer 8 Prozent. Ausnahmen bilden Hotellerie-Leistungen, welche mit 3,8 Prozent sowie Nahrungsmittel, Druckerzeugnisse, Medikamente und Agrar-Werkstoffe mit dem tiefsten Steuersatz von 2,5 Prozent besteuert werden. Dieser tiefe Mehrwertsteuersatz entlastet vor allem Familien und Leute mit kleinem Budget. Seit im Jahre 1995 die Warenumsatzsteuer durch die Mehrwertsteuer ersetzt wurde, gehen Klagen ein, diese Steuer sei unfair, ineffizient und aufwendig. Anläufe zu einer Vereinheitlichung der Steuersätze scheiterten im Parlament. Seit 2011 ist das Modell mit nur einem Steuersatz vom Tisch und letztes Jahr wurde ein Zweisatz-Modell ebenfalls abgelehnt. Die Initiative „Schluss mit der Mehrwertsteuerdiskriminierung des Gastgewerbes“, über die am 28. September abgestimmt wird, ist ein weiterer Versuch einer Korrektur. Sie will bei der Mehrwertsteuer Leistungen in Restaurants dem Lebensmittelhandel gleich stellen. Davon ausgenommen bleiben Alkohol und Tabakwaren.
Offen bleibt, wie diese Initiative umgesetzt und welcher Mehrwertsteuersatz bei dieser Angleichung angewendet werden soll. Das Parlament könnte den Steuersatz auf 2,5 Prozent senken. Dann würde das Menü im Restaurant gleich besteuert wie die Lebensmittel im Laden. Dem Bund entgingen jedoch Steuereinnahmen von jährlich 750 Millionen – davon alleine der AHV 75 Millionen Franken. Das wäre ein teures Geschenk an die WirtInnen oder, falls diese überhaupt ihre Preise senken würden, an deren Gäste. Die Initiative könnte auch ohne Steuerausfälle umgesetzt werden. Dann müsste gemäss Bundesrat der Steuersatz für Nahrungsmittel auf 3,8 Prozent angehoben werden. Auch dieser Weg führt letztlich zu einer Umverteilung zu Gunsten der Gastrobranche. Die Haushalte würden durch höhere Lebensmittelpreise stärker belastet und die WirtInnen dagegen beschenkt. Doch zu Hause essen darf nicht teurer werden. Bereits bei der zu Kriegszeiten eingeführten Warenumsatzsteuer wurden Nahrungsmittel privilegiert besteuert.
Heute ist jedoch ausser den Lebensmitteln längst nicht alles Luxus. Trotzdem werden zum Beispiel Kleider oder das Zug-Billet des Arbeiters mit dem höchsten Satz besteuert. Bei jeder Mehrwertsteuerreform ist jeweils das sozialpolitische Element der entscheidende Haken. Direkte Steuern wie unsere Einkommenssteuern können mit der Progression sozial gestaffelt werden. Dafür eignen sich jedoch Gebühren oder indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer denkbar schlecht.
Bei der von dieser Initiative vorgeschlagenen Anpassung der Mehrwertsteuer zahlen schliesslich alle die Zeche für eine einseitige Bevorzugung des Gastgewerbes. Das ist nicht fair. Deshalb sagt die SP AI „Nein“ zur GastroSuisse-Initiative.