Rede von Daniela Mittelholzer (Teil 1) und Martin Pfister (Teil 2), Co-Präsidium SP AI am 12.ordentlichen Parteitag vom 08. November 2024

Teil 1

Liebe Mitglieder der SP AI, liebe Freundinnen und Freunde,

Es ist mir eine grosse Ehre und Freude, heute als Co-Präsidentin der SP Appenzell Innerrhoden vor euch zu stehen. Ich danke euch allen für euer Vertrauen und diese wertvolle Chance, gemeinsam mit euch und zusammen mit Martin Pfister unsere Vision von sozialer Gerechtigkeit und Solidarität weiter voranzutreiben.

Co kommt aus dem Lateinischen und bedeutet zusammen. "zusammen" ist nicht nur ein schönes Wort – es ist der Kern unserer politischen Überzeugung. Denn "zusammen" bedeutet für uns, dass wir alle Teil einer Gemeinschaft sind, die sich für ein besseres Leben für alle einsetzt. Es ist ein Versprechen, dass wir niemanden zurücklassen und dass wir gemeinsam stärker sind als allein.

In einer Zeit, in der gesellschaftliche Spaltungen immer grösser werden, brauchen wir diesen Zusammenhalt mehr denn je. Es ist an uns, Brücken zu bauen zwischen Stadt und Land, zwischen Jung und Alt, zwischen verschiedenen Hintergründen und Lebenswegen. Gemeinsam können wir Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit finden.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir – wenn wir zusammenstehen – die Kraft haben, echte Veränderungen zu bewirken. Appenzell Innerrhoden ist ein kleiner Kanton, aber unser Wille und unsere Überzeugung sind gross. Lassen wir uns die Herausforderungen, die vor uns liegen, mutig angehen und für eine Zukunft kämpfen, in der Solidarität und Gerechtigkeit an erster Stelle stehen.

Ich freue mich darauf, in den kommenden Jahren eng mit euch allen zusammenzuarbeiten. Schmieden wir gemeinsam Ideen, treten wir engagiert für unsere Ziele ein und denken wir dabei immer daran: Wenn wir zusammenhalten, ist alles möglich.

Vielen Dank für euer Vertrauen und euer Engagement. Auf eine starke Zukunft – zusammen!

 

Teil 2

Liebe Parteimitglieder,
Liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde,

Dieses «Miteinander» ist unser sozialdemokratischer Kompass. Unser 5- und 10-Jahr-Jubiläum feierten wir mit dem Slogan «Mitenand z’Appezöll». Der sozialdemokratische Leitsatz heisst seit Jahren «Für alle statt für wenige», und seit den Wahlen 2023 lautet unser Motto: «Wir ergreifen Partei für eine soziale Schweiz». «Solidarität» ist die DNA unserer Politik.

Diese Haltung liessen wir dieses Jahr in sechs kantonale Vernehmlassungsantworten, sowie in die Parolen zu den Vorlagen der Landsgemeinde und den Eidgenössischen Abstimmungen einfliessen.

Zudem leitet uns dieser sozialdemokratische Kompass bei folgenden politischen Themen:

Wir kämpfen für bezahlbaren Wohnraum und für sozial ausgestaltete Krankenkassenprämien. Darüber werden wir heute bei der Parolenfassung zu den Abstimmungsvorlagen diskutieren.

Es darf nicht sein, dass sich die Mietzinsspirale unaufhaltsam nach oben dreht und Mieterinnen und Mieter in unserem Land – entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichts – jährlich 10 Milliarden Franken zu viel Miete bezahlen. Erschwinglicher Wohnraum für Familien ist in Innerrhoden Mangelware. Es gibt sicher Vermieterinnen und Vermieter, die korrekt mit ihren Mieterinnen und Mietern umgehen. Doch mit Wohnungen darf nicht zu einfach Profite gemacht werden. Denn es geht um ein Zuhause von vielen Menschen. Deshalb müssen wir die von der mächtigen Immobilienlobby konzertierten Angriffe auf das Mietrecht bekämpfen.

Auch die Gesundheitskosten laufen weiter aus dem Ruder. Nach der Ablehnung der beiden Krankenkasseninitiativen im Mai wurde eine sozialere Beteiligung der Bevölkerung an den Gesundheitskosten versprochen. Doch im Gesundheitswesen hat es zu viele Interessenvertreterinnen und -vertreter, die viel Geld verdienen. Wir müssen – auch gegen diese mächtige Lobby – das ungerechte System der Kopfprämie bei Krankenversicherungen bekämpfen und uns für eine sozialere einkommensabhängige Kostenbeteiligung einsetzen.

Mit unserem Vorstoss zu einer «Bodenseekoalition für humane Grenzen» stehen wir für einen Verbund der drei Staaten rund um den Bodensee zu einer kontrollierten Migration auf humaner Basis ein. Er ist ein gemeinsamer Beitrag, um irreguläre Migration zu reduzieren und mehr legale Mobilität zu ermöglichen. Viele Menschen haben Empathie für Flüchtende – allerdings nicht grenzenlos. Unser Vorstoss ist ein pragmatischer Weg zwischen den Extrempositionen, einerseits keine Rückführungen zu wollen und alle Asylverfahren bei uns durchzuführen oder andererseits die Angstmacherei, dass wir vor einer Massenmigration stünden, die nur mit Gewalt zu stoppen sei.

Gemeinsam mit andern Innerrhoder Parteien und politischen Gruppierungen erarbeiten wir eine Initiative zum Proporzwahlsystem. Beim Proporzwahlrecht werden Parteien und Verbände gemäss ihrer Wählerbasis im Parlament vertreten. Die Bevölkerung wird damit wirklichkeitsgetreuer im Wahlresultat abgebildet und im Parlament werden kleine politische Gruppierungen und Parteien besser beteiligt.

Mit unserem Diskussionsformat «Appenzell diskutiert», mit dem neu lancierten Podcast zu politischen Themen und dem «Appenzeller Polit-Café» möchten wir zu einem politischen Diskurs und in unserem Kanton zu einem Miteinander über Parteigrenzen hinweg beitragen.

Zum Schluss noch dies, geschätzte Anwesende:
In einer gerechten Gesellschaftsordnung gibt es keine Spaltung in «Wir und die Anderen», sondern nur ein «Wir»!

Auf diesem Hintergrund gehe ich noch auf zwei aktuelle Ereignisse ein:
Als erstes auf die von der Standeskommission beauftragte historische Aufarbeitung der administrativen Zwangsmassnahmen von 1930 bis 1981 in unserem Kanton. In dieser Zeitspanne wurden besonders ledige Mütter und ihre unehelichen Kinder, junge wie auch ältere Arbeitslose und geschiedene Männer, Menschen in schwierigen Familien- und unsicheren Arbeitsverhältnissen oder Angehörige der jenischen Gemeinschaft auf wackeliger rechtlicher Grundlage in Arbeitsanstalten versorgt. Gemeinsames Merkmal dieser aus der Mitte unserer Gesellschaft ausgegrenzten und abgeschobenen Menschen war ihre Armut.

Die Standeskommission anerkennt mit dieser aktuellen historischen Aufarbeitung durch Iris Blum im sehr informativen Bericht mit berührenden Zeitzeugnissen das erlittene Unrecht dieser Menschen. Zudem durften Betroffene aus Innerrhoden einen einmaligen Solidaritätsbeitrag von Fr. 25'000.-- aus dem 2013 von unserer damaligen Bundesrätin Simonetta Sommaruga initiierten Solidaritätsfonds, entgegennehmen, in den auch Innerrhoden einzahlte. Einige von diesem Unrecht Betroffene haben die Möglichkeit zu persönlichen Gesprächen mit dem Landammann und zur Aufarbeitung ihrer Lebensgeschichte mit Unterstützung des Landesarchivars in Anspruch genommen. Diese Zeichen der Anerkennung und Schritte zur Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts werten wir als wichtigen Ausdruck gesellschaftlicher Solidarität. Diese Aufarbeitung ist ein notwendiger Beitrag «wider das Vergessen»,
indem wir sagen, was war;
sagen, weshalb es war;
es denen sagen, die es noch nicht wissen;
und sagen, worauf es auch künftig ankommt.

Das zweite aktuelle Ereignis sind die US-Wahlen, welche die Weltordnung künftig deutlich prägen werden. Der amerikanische Autor und Publizist Jacob Heilbrunn beurteilte im Radio SRF die erneute Präsidentschaft Trumps mit krassen Worten. Es bestehe die Gefahr, dass Präsident Trump nach diesem klaren Wahlsieg seine polarisierende und die Gesellschaft spaltende Politik widerspruchslos durchziehen könne. Seine Präsidentschaft sei eher eine Revolution als eine Regierung. Eines steht fest: Diese Wahlen sind ein grosser Rückschlag für die Menschenrechte, die demokratischen Institutionen, die Klimapolitik und die globale Gerechtigkeit.

Jetzt erst recht– liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde – gilt es, für unsere Demokratie und für mehr Solidarität einzustehen; unserem sozialdemokratischen Kompass folgend, Partei für ein soziales Innerrhoden, für eine soziale Schweiz und für eine gerechte Welt zu ergreifen. In diesem Sinne freue ich mich auf unsere heutigen und künftigen politischen Debatten und Taten. Denn miteinander sind wir stark!

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit während unserer ersten gemeinsamen Rede als Co-Präsidium.

Daniela Mittelholzer        Martin Pfister

10. Nov 2024