Appenzell, 28. November 2022

Sehr geehrter Herr Landammann
Sehr geehrte Mitglieder der Standeskommission

Wir bedanken uns für die Möglichkeit einer Stellungnahme zur Konsultation über die Sitzzahl im Grossen Rat.

Grundsätzliche Bemerkungen zur Sitzzahl
Aus Sicht der Sozialdemokratischen Partei Appenzell Innerrhoden (SP AI) ist eine Verkleinerung der Sitzzahl nicht unbedingt nötig. Zumal mit dem von der Standeskommission geplanten moderaten Wachstum die Bevölkerungszahl pro Parlamentssitz steigen wird. Viel zwingender sind für die SP AI Änderungsvorschläge, welche nachfolgend ausgeführt werden.

4.1.2 Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten
Mit der Änderung des Wahlsystems zur Proporzwahl – genauere Ausführungen dazu unter Pkt. 4.1.7 (Wahlrecht) – wird die Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten fürs Kantonsparlament erleichtert. Kandidierende politischer Minderheiten sind motivierter, sich zu Verfügung zu stellen, weil sie fairere Wahlchancen haben. Zudem hat das aktuelle langfädige Wahlverfahren im Majorzsystem an einer öffentlichen Versammlung (Bezirksgemeinde) bei Gesamterneuerungswahlen für Kandidierende aus politischen Minderheiten insbesondere in den beiden grossen Bezirken Appenzell und Schwende-Rüte mit aktuell 18 zu wählenden Grossratssitzen (oder bei einer Verkleinerung mit 14 bzw. 15 Sitzen) einen unwürdigen Charakter.

4.1.7 Wahlrecht
Die SP AI beantragt die Einführung des Proporzwahlsystems in den beiden grossen Bezirken Appenzell und Schwende-Rüte. Neben den bereits unter Pkt. 4.1.2 (Suche nach Kandidierenden) aufgeführten Vorteilen haben politische Minderheiten eine faire Wahlchance. Die Bevölkerung wird wirklichkeitsgetreuer im Wahlresultat und in der Zusammensetzung des Grossen Rats abgebildet. Zudem wird die Bedeutung der politischen Parteien, Verbände und Gruppierungen gestärkt. Ihre politischen Programme erhalten mehr Gewicht.

Die Standeskommission weist in ihrem Bericht auf das Bundesgericht hin, welches in seiner Rechtsprechung grosses Gewicht auf das Prinzip der Erfolgswertgleichheit legt. Diese ist eingehalten, wenn jede Stimme im Ergebnis gleich berücksichtigt wird, was nur mit dem Proporzwahlrecht möglich ist. Zudem ermöglicht eine Urnenwahl im Unterschied zu den Bezirksgemeinden einer viel grösseren Anzahl Stimmberechtigten die Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen und das Stimmgeheimnis wird gewahrt.

Die SP AI hat an ihrem Parteitag 2017 ein Positionspapier zum Proporzwahlsystem verabschiedet: Darin sind unter Pkt. 2.3 weitere Vorteile des Proporzwahlverfahrens detailliert aufgelistet.

4.1.8 Platz
Die Platzverhältnisse im Grossratssaal sind eng und bleiben insbesondere für Besuchende der Ratsdebatte auch nach einem Umbau und einer Reduktion der Sitzzahl unbefriedigend. Fraglich sind Investitionen für einen Umbau des Grossratssaales, da sich die Nutzung für den Parlamentsbetrieb auf jährlich fünf Sessionstage beschränkt. Aus Sicht der SP AI wäre deshalb eine dauerhafte Verlegung der Grossratssessionen in Lokalitäten mit genügend Platz und geeigneter Infrastruktur für den Parlamentsbetrieb, die im Verlauf des Jahres mehrfach genutzt werden können, sinnvoll. Es stellt sich die Frage, ob neben der Aula Gringel in unserem Kanton auch andere Räumlichkeiten in Frage kämen. Zudem schlägt die SP AI vor, ähnlich wie in anderen Parlamenten die Ratsdebatte per Livestream der breiten Bevölkerung zugänglich zu machen.


Wir danken Ihnen für die Kenntnisnahme unserer Stellungnahme und bitten Sie, unsere Änderungsvorschläge zu prüfen.

Freundliche Grüsse
Sozialdemokratische Partei Appenzell Innerrhoden (SP AI)
                
Martin Pfister    Daniela Mittelholzer
Präsident          Vizepräsidentin und Co-Parteisekretärin

28. Nov 2022