Im November 2010 sagten 53 Prozent der Stimmbevölkerung «Ja» zur «Initiative für die Ausschaffung krimineller Ausländer». Gegen die mittlerweile vom Parlament beschlossene Umsetzung wurde kein Referendum ergriffen. Dieses verschärfte Gesetz steht zur Anwendung bereit. Es sieht eine minimale Abfederung von Härtefällen bei Bagatelldelikten vor. Ende 2012, lange vor Ablauf der Umsetzungsfrist dieses Gesetzes, hat die SVP bereits eine Initiative «Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer» lanciert. Diese Durchsetzungsinitiative, über die wir am 28. Februar abstimmen, schreibt einen Delikte-Katalog in die Verfassung, der die automatische Ausweisung straffälliger AusländerInnen zur Folge hat – ohne dass die Richter die Möglichkeit haben, in Härtefällen die Situation einzeln zu beurteilen. Das widerspricht sämtlichen Grundregeln unseres Rechtsstaates.
Angriff auf Rechtssicherheit
AusländerInnen, die seit Jahrzehnten bei uns leben, welche die Schulen hier besucht haben, Steuern bezahlen und bestens integriert sind, sollten gemäss Durchsetzungsinitiative automatisch ausgeschafft werden – selbst wenn sie ein Bagatelldelikt begangen haben. Auch Secondos und Secondas wären davon betroffen. Diese Initiative entrechtet AusländerInnen und behandelt sie als Menschen zweiter Klasse.
Diese Durchsetzungsinitiative setzt zwei wichtige Trümpfe der Schweiz aufs Spiel: die Rechtssicherheit und die Stabilität. Sie macht keinen Unterschied zwischen Mord, Vergewaltigung oder Velodiebstahl. Ausländische TäterInnen sollen automatisch – ohne Wenn und Aber – ausgeschafft werden. Die Uneinigkeit im Vorfeld der Abstimmung bei Initianten und Rechtsgelehrten in Bezug auf Ausnahmeregelungen für Secondos, Secondas und Jugendliche oder bei der Auslegung von Bagatellfällen zeigt die Rechtsunsicherheit, welche durch die Annahme dieser Initiative ausgelöst würde.
Angriff auf Grundrechte
Der Initiativtext übernimmt die Funktion des Gesetzgebers und hebelt damit das Parlament aus. Unser demokratisches System mit dem Prinzip der Gewaltenteilung wird missachtet. Würde die Initiative angenommen, wären die Beziehungen zu unseren Nachbarn noch schwieriger, weil die Grundrechte der Menschenrechtskonvention und das Personenfreizügigkeitsabkommen verletzt würden. Die momentan ohnehin schon schwierigen Verhandlungen mit der EU würden zusätzlich belastet. Unser Land und unsere Wirtschaft brauchen jedoch in der aktuell schwierigen Lage mit dem starken Franken und den zähen Verhandlungen beim Umsetzen der Masseneinwanderungsinitiative Stabilität.
Unsere Ängste möchten vielleicht «Ja» sagen. Doch die Vernunft sagt deutlich «Nein». Die Durchsetzungsinitiative ist ein Angriff auf unseren demokratischen Rechtsstaat und behandelt alle AusländerInnen als Menschen zweiter Klasse. Dies passt nicht zu unserem Land! Deshalb lehnt die SP AI diese Initiative ab.