Liebe Parteimitglieder
Liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde
In Zeiten, in denen Kosten für Mieten, Krankenkassenprämien und Dinge des alltäglichen Lebens stark ansteigen, hat sich die Stimmbevölkerung mit der Annahme der 13. AHV-Rente überraschend deutlich für die Stärkung der Kaufkraft ausgesprochen. Dieses Abstimmungsresultat ist ein Sieg für unsere soziale Schweiz. Es ist eine Abkehr von der bürgerlichen Logik – zugunsten der Reichen und Firmen – das Kapital zu entlasten und gleichzeitig Arbeit, Renten und Konsum immer stärker zu belasten.
Die Annahme der 13. AHV-Rente motiviert, weiterhin Partei für faire Renten und Löhne zu ergreifen. An unserem «Appenzell diskutiert» vom Januar zur Stärkung der Kaufkraft in Innerrhoden erhielten wir von Landammann Roland Dähler den Hinweis, uns mit den Innerrhoder Löhnen auseinanderzusetzen. In der Parteileitung nehmen wir uns dieser Thematik an und denken über die Einführung eines kantonalen Mindestlohnes nach. In verschiedenen Westschweizer Kantonen ist er bereits eingeführt. Aktuell hat auch die SP Solothurn eine Initiative zu einem kantonalen Mindestlohn von 23 Franken eingereicht. Wir halten euch dazu auf dem Laufenden.
Ich hoffe, dass dieses Abstimmungsergebnis vom 3. März positive Auswirkungen auf die Eidgenössische Volksabstimmung im Juni hat. Dann kommt u.a. unsere «Prämienentlastungs-Initiative» zur Abstimmung. Damit steht ein weiterer Brennpunkt der fehlenden Kaufkraft im Fokus. Denn Krankenkassenprämien steigen immer noch deutlich stärker als Löhne.
Im Zusammenhang mit der Finanzierung der 13. AHV-Rente oder der «Prämienentlastungs-Initiative» wird auch viel über fehlendes Geld im Staatshaushalt und über Staatsschulden diskutiert. Es muss in unserem reichen Land möglich sein, verfassungsmässig zugesicherte Grundbedürfnisse – wie ein Lebensabend in Würde für alle – mit einer fairen Finanzierung zu ermöglichen.
Ein Staat oder ein Kanton, der nur ausgibt, was er einnimmt, investiert oftmals zu wenig in seine Zukunft. Investitionen in einen sicheren Sozialstaat, in Ökologie, Infrastruktur- und Zukunftsprojekte erfordern einen Geldbedarf, der meist mit Steuermitteln alleine nicht finanzierbar ist. Deshalb ist es wirtschafts- und gesellschaftspolitisch sinnvoll, die immer wieder propagierte und angestrebte «Schwarze Null» in Haushalten der öffentlichen Hand in Frage zu stellen und auf nationaler Ebene die Schuldenbremse zu modifizieren.
Liebe Parteimitglieder
Liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde
Heute stehen die Landsgemeindevorlagen im Zentrum. Ein wichtiges Traktandum ist die Totalrevision der Kantonsverfassung. Wir nahmen das Resultat der kantonalen Abstimmung vom Mai 2021, bei der Totalrevision der Kantonsverfassung nur redaktionelle Anpassungen vorzunehmen, zur Kenntnis. Für uns ist jedoch der Verzicht auf eine inhaltliche Überarbeitung eine verpasste Chance. Wir plädierten für eine breit abgestützte, von einem Verfassungsrat begleitete, redaktionelle und inhaltliche Totalrevision.
Die überarbeitete Verfassung enthält nebst sinnvollen und wichtigen redaktionellen Anpassungen nun doch auch inhaltliche Änderungen. Diese wurden von der Standeskommission auf Grund von Mängeln der geltenden Verfassung vorgenommen. Vom gleichen Recht Gebrauch machend, beantragten wir in unserer Vernehmlassungsantwort u.a. die Einführung des Proporzwahlrechtes in den beiden grossen Bezirken Appenzell und Schwende-Rüte mit je 18 Grossratssitzen. Mit den Proporzwahlen haben politische Minderheiten fairere Chancen. Die Bevölkerung wird wirklichkeitsgetreuer und gerechter im Wahlresultat und in der Zusammensetzung des Grossen Rats abgebildet. Zudem wird die Bedeutung der politischen Parteien, Verbände und Gruppierungen gestärkt. Denn ihre politischen Programme erhalten mehr Gewicht. Dies stärkt auch die Stellung des Parlaments. Zudem müssen Proporzwahlen in einer Urnenwahl durchgeführt werden. Somit wird im Unterschied zu den Wahlen an den Bezirksgemeinden einer viel grösseren Anzahl Stimmberechtigten die Teilnahme ermöglicht und das Stimmgeheimnis wird gewahrt. Diese zeitgemässen und die Demokratie stärkenden Argumente werden in der neuen Verfassung total ignoriert. Mit der neu gefassten Möglichkeit zur Bildung von kleineren Unterwahlkreisen wird das Majorzwahlverfahren in der Verfassung noch zusätzlich zementiert.
Zum Schluss – geschätzte Anwesenden – noch dies: Der Tod von Alexej Nawalny und der Umgang mit Regimekritikern zeigen auf – und man kann es nicht genug betonen – wie privilegiert wir in unserem Land sind. Heute Abend haben wir die Gelegenheit, mit einem Mitglied der Regierung frei über politische Inhalte pro und kontra zu debattieren. Auch besteht keine Gefahr für diese roten Rosen – das Symbol unserer Partei – dass sie wie bei den Trauerkundgebungen für Nawalny als Zeichen des Protestes eingestuft und deshalb vom Regime drakonisch weggeräumt werden.
Diesen offenen Debatten – diesem demokratisches Gut – gilt es Sorge zu tragen. Nur so haben wir als kleine Partei überhaupt eine Chance, uns auf dem für uns harten politischen Terrain am Alpstein konstruktiv einzubringen. Vielen Dank, dass ihr – unserem sozialen Kompass folgend – eine Politik mitträgt, welche die Bedürfnisse der Menschen ins Zentrum stellt.
Ich freue mich nun auf anregende Debatten und danke euch für eure Aufmerksamkeit.