Die Volksinitiative «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV», über die wir am 14. Juni abstimmen, bringt keine neue Steuer sondern eine Steuerreform. Sie verlangt, dass die Kompetenz, eine Erbschafts- und Schenkungssteuern zu erheben, von den Kantonen an den Bund übergeht. Momentan ist diese Besteuerung in unserem Land sehr uneinheitlich geregelt. In Innerrhoden werden beispielsweise aktuell bei direkten Nachkommen Erbschaften über 300‘000 Franken zu 1 Prozent besteuert. Unter dem Druck des Steuerwettbewerbs haben viele Kantone die Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen deutlich gesenkt oder ganz abgeschafft. Das Kapital wurde generell entlastet – Kapital- und Handänderungssteuern sind gesunken, ebenso die Belastung der Kapitalerträge – und gleichzeitig wurden Konsum und normale Einkommen belastet. Die Folgen sind bekannt: Steuereinbussen bei den Kantonen, Leistungskürzungen und Mehrbelastung des Mittelstandes sowie eine immer ungerechtere Vermögensverteilung in unserem Land.
Davon profitieren vor allem grosse Konzerne und jene, die im Besitz von viel Kapital sind. Die 300 reichsten Schweizer besassen im Jahre 2014 gemäss «Bilanz» 589 Milliarden Franken. Wenn die Vermögenskonzentration ständig zunimmt und immer weniger Leute immer mehr besitzen, gerät unsers Land aus der Balance. Die Kaufkraft schwindet und immer mehr Geld fliesst zur Profitmaximierung in Finanzmärkte, die kaum demokratisch kontrolliert sind.
Wenn man bedenkt, welche Leistungen notwendig sind, um als Arbeitnehmende das monatliche Einkommen zu verdienen und wie aus einem Testament leistungsfrei Nutzen gezogen werden kann, wird klar: Die Erbschaftssteuerinitiative fordert eine faire Steuerreform, die dem liberalen Gebot der Chancengleichheit entspricht. Mit ihr können wir Gegensteuer geben und einen bessern Ausgleich zwischen Kapital und Einkommen schaffen.
Grosse Mehrheit nicht belastet
Die Erbschaftssteuerinitiative verlangt, dass Schweiz weit bei Nachlässen über zwei Millionen Franken eine Erbschaftssteuer von 20 Prozent erhoben wird. Davon sind in der Schweiz gerade einmal die reichsten 2 Prozent der Bevölkerung betroffen. Bei einem Nachlass von drei Millionen Franken wird beispielsweise nach Abzug des Freibetrages von zwei Millionen Franken eine Million Franken zu 20 Prozent besteuert. Die Erbschaftssteuer beträgt 200‘000 Franken und den Erben bleiben 2,8 Millionen Franken.
Ehepaare können insgesamt 4 Millionen Franken steuerfrei an ihre Kinder vererben. Besteuert wird der Nachlass von natürlichen Personen, die ihren letzten Wohnsitz in der Schweiz hatten oder bei denen der Erbgang in der Schweiz eröffnet worden ist und nicht die einzelnen ErbInnen. Auf Geschenke von maximal 20‘000 Franken pro Jahr und pro beschenkte Person werden keine Schenkungssteuer erhoben. Die Schenkungssteuer wird beim Schenkgeber oder der Schenkgeberin erhoben.
Die bisherige kantonale Besteuerung von kleineren Erbschaften oder Schenkungen entfällt. Somit ist die grosse Mehrheit der SteuerzahlerInnen in unserem Land von dieser Erbschaftssteuerreform nicht belastet.
Massgebend für diese Besteuerung ist das Nettovermögen. Schulden wie Hypotheken werden abgezogen. Damit kann auch Wohneigentum steuerfrei an die nächste Generation vererbt werden. Zuwendungen an EhepartnerInnen und registrierte PartnerInnen sowie an steuerbefreite juristische Personen – gemeinnützige Organisationen, Stiftungen, politische Parteien und Kirchen – sind ebenfalls von dieser Steuer befreit.
Irreführende millionenschwere Angstkampagne
Gehört zum Nachlass oder zur Schenkung ein Unternehmen, werden erhebliche steuerliche Erleichterungen gewährt. Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) und Landwirtschaftsbetriebe sind von dieser Steuer nicht gefährdet. Bauernhöfe werden ganz von dieser Erbschaftssteuer befreit, sofern sie von den ErbInnnen oder von Beschenkten selber weiter bewirtschaftet werden. Das Parlament wird bei einer Annahme dieser Initiative für die KMU einen Freibetrag und einen reduzierten Steuersatz festlegen. Die InitiantInnen schlagen einen Freibetrag von 50 Millionen statt nur zwei Millionen Franken und einen Steuersatz von 5 statt 20 Prozent vor. Dass sich die bürgerlichen Parteien einer grosszügigen Ermässigung anschliessen, steht ausser Zweifel. Die Vererbung von allen kleineren und mittleren Familienbetrieben bleibt also steuerfrei. Somit sind die betroffenen Arbeitsplätze nicht gefährdet. Die millionenschwere Angstkampagne der Interessenvertreter jener, die das Geld schon besitzen und behalten möchten, ist eine krasse Irreführung der Stimmberechtigten!
Selbst bei grossen Unternehmen entstehen keine erheblichen Belastungen. So werden zum Beispiel bei der Vererbung eines Betriebes im Wert von 100 Millionen Franken lediglich 2,5 Millionen Franken Erbschaftssteuern anfallen. Auch bei einer relativ tiefen Eigenkapitalrendite einer solchen Firma entstehen keine untragbaren Belastungen. Denn gemäss Übergangsbestimmungen kann diese Steuer in zehn Jahresraten entrichtet werden. Das entspricht einer jährlichen Belastung von 250‘000 Franken.
Die Erbschaftssteuer wird unserem Land mit dieser massvollen Besteuerung der hohen Nachlässe und Schenkungen jährlich rund 3 Milliarden Franken einbringen. Die Kantone werden für den Ausfall ihrer bisherigen Erbschaftssteuer-Erträge entschädigt, indem sie einen Drittel dieses Steuerertrages erhalten. Zwei Drittel gehen zweckgebunden an die AHV und stärken damit die sicherste, effizienteste und sozialste Altersvorsorge der Schweiz.
Die SP AI sagt am 14. Juni Ja zu dieser Erbschaftssteuerinitiative. In einer liberalen Gesellschaft, die sich zum Leistungsprinzip und zur Chancengleichheit bekennt, sollte es selbstverständlich sein, dass leistungsfrei erzielte Gewinne wie Erbschaften vor dem Arbeitseinkommen und dem eigenständig erarbeiteten Vermögen steuerlich belastet werden – vor allem in einer Zeit, in der in unserem Land die Vermögenskonzentration massiv zunimmt.