Die Initiative «Schweizer Recht statt fremde Richter» - auch «Selbstbestimmungsinitiative» genannt – verlangt, dass Schweizer Recht gegenüber internationalen Verträgen immer Vorrang hat. Die Behörden würden verpflichtet, internationale Verträge bei Konflikten anzupassen oder gar zu kündigen. Doch die Schweiz darf sich nicht in die Reihe von Machthabern wie Erdogan, Putin oder Trump stellen, für die internationale Regeln wie der Menschenrechtsschutz längst zweitrangig sind. So unterzeichnete Putin 2015 ein Gesetz, wonach sich Russland nicht mehr an Urteile zu Menschenrechten halten muss. Erdogan kündigte 2016 die Aussetzung der Menschenrechtskonvention (EMRK) an. Und Trumps Regierung beschloss im Juni 2018 den Austritt aus dem UNO-Menschenrechtsrat.
International abgesicherte Menschenrechte dürfen jedoch nicht in Frage gestellt werden. Sie schützen uns vor der Willkür der Staaten. Das internationale Recht – insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) hat uns in der Schweiz wichtige Errungenschaften wie das Frauenstimmrecht, die Entschädigung von Asbestopfern oder die Abschaffung der administrativen Versorgung gebracht.
Diese Initiative greift nicht nur den wichtigen internationalen Schutz der Menschenrechte an, sondern auch unsere bewährten nationalen demokratischen Institutionen. Sie gaukelt vor, das Volk habe immer Recht. Doch auch unsere Entscheidungen als Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind im Zusammenwirken demokratischer Institutionen zu sehen. Keine der drei Ebenen – gesetzgebende, ausführende und richterliche Gewalt – darf absolut sein. So hat das Bundesgericht eine ebenso wichtige demokratische Aufgabe wie wir Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an der Urne.