Die Sozialdemokratische Partei Appenzell Innerrhoden (SP AI) sagt «Nein» zur KVG-Revision für eine einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen (EFAS). Weil auch die Langzeitpflege in diese Vorlage verpackt wurde, ist langfristig eine noch höhere Prämienlast, zunehmender Druck auf das Pflegepersonal in Heimen und bei der Spitex und eine sinkende Versorgungsqualität zu befürchten.

Gesundheitskosten sollten sich alle Menschen in unserem Land leisten können. In keinem andern Europäischen Land müssen die Menschen dafür mehr aus der eigenen Tasche bezahlen als bei uns. Am 24. November kommt die Vorlage für eine einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Gesundheitsleistungen (EFAS) zur Abstimmung. Das Ziel dieser KVG-Revision, ambulante und stationäre Leistungen nach dem gleichen Verteilschlüssel zu finanzieren, ist grundsätzlich sinnvoll. So sollen Fehlanreize im stationären Bereich vermindert werden. Bisher werden ambulante Leistungen vollumfänglich durch Prämiengelder bezahlt. Der stationäre Bereich wird aktuell zu mindestens 55 Prozent durch kantonale Steuergelder mitfinanziert.

Steigende Kosten für Versicherte

Mit EFAS sollen ab 2028 alle ambulanten und stationären Leistungen durch einheitliche Anteile von mindestens 26,9 Prozent kantonale Steuern und maximal 73,1 Prozent Prämiengelder finanziert werden. Auf unnachgiebigen Druck der Kantone muss nun auch die Finanzierung der Langzeitpflege in diesen Kostenverteiler eingebunden werden. Der Verteilschlüssel in der Langzeitpflege liegt bisher bei mindestens 46 Prozent durch kantonale Steuergelder und maximal 54 Prozent durch Prämien. Der maximale Anteil von Eigenleistungen darf bei der Spitex 15 Franken und bei Heimkosten 23 Franken pro Tag nicht überschreiten. Ein eventuelles Defizit übernimmt der Kanton.

Mit EFAS würden ab 2032 auch bei den Langzeitpflegekosten die Kostenverteilung bei mindestens 26,9 Prozent durch kantonale Steuern und maximal 73,1 Prozent durch Prämien liegen. Dies bedeutet eine Einsparung bei der öffentlichen Ausgabenlast der Kantone, verbunden mit einer massiven Verlagerung zu den Prämiengeldern. Zu alle dem fällt ab 2036 auch noch die Deckelung der Selbstkostenbeteiligung weg. Die Kantone ziehen sich somit stark aus einem Bereich des Gesundheitswesens zurück, der wegen der demographischen Entwicklung unserer Gesellschaft deutlich zunehmen wird. Dadurch steigt die Kostenbeteiligung der Versicherten. Gemäss Quellen des Bundes würden die Prämien in mindestens 17 Kantonen – auch in Appenzell Innerrhoden – zusätzlich deutlich ansteigen.

Steigender Druck auf Pflegepersonal

Mit EFAS steigt der Einfluss der Krankenkassen und der mächtigen Lobby im Gesundheitswesen zusätzlich. Die Kantone müssen ihre Beiträge neu einer Institution der Krankenkassen überweisen, die dann die Gelder den Versicherern ausschüttet. Die Kantone sind in diesem Verteilgremium nicht – wie ursprünglich vorgesehen – gleichberechtigt mit den Krankenversicherern, sondern nur noch mit Einsitzrecht vertreten.

Insbesondere in der Langzeitpflege drohen mit EFAS starke Umstrukturierungen. Die heute klar festgelegte Beteiligung und Zuständigkeit der Kantone würden aus dem Gesetz gestrichen. Anstelle der aktuellen direkten öffentlichen Finanzierung müssen neue Einheitstarife festgelegt werden. Mit dem neuen Finanzierungsschlüssel, der die Kantone bei den Pflegekosten stark entlastet, werden die Krankenkassen noch viel mächtiger. Wer zahlt, befiehlt. Der Druck auf Arbeitsbedingungen und Pflegepersonal nimmt zu. Die Behandlungsqualität gerät in Gefahr. Dies entspricht dem Gegenteil, was die Bevölkerung im November 2021 mit der deutlichen Annahme der «Pflegeinitiative» wollte.

Die Politik hat nach der Ablehnung der beiden Krankenkasseninitiativen im Mai der Bevölkerung eine sozialere Beteiligung an Gesundheitskosten versprochen. Mit EFAS rückt dies in weite Ferne. Die Kantone werden beim vielerorts bestehenden Spardruck auf eine möglichst minimale Kostenbeteiligung drängen. Die Zeche bezahlen die Versicherten, die Patientinnen und Patienten, sowie die Beschäftigten im Gesundheitssektor. Deshalb lehnt die SP AI EFAS ab. Zu viel steht für unser Gesundheitswesen und für die Bevölkerung auf dem Spiel.

12. Nov 2024