Im revidierten Nachrichtendienstgesetz (NDG) werden die Kompetenzen des Schweizer Nachrichtendienstes massiv ausgebaut. Er hätte künftig die Möglichkeit, ohne Verdacht auf eine Straftat in die Privatsphäre der BürgerInnen einzudringen und deren Leben und Kommunikation zu überwachen. Das Abhören von Telefongesprächen, das Verwanzen von Privaträumen und das Eindringen in Computer mit einer Spionage-Software, würden auch ohne Strafverdacht erlaubt. Diese heimlich auf Computern und Smartphones installierten Programme ermöglichen neben dem Schnüffeln auch das Verändern von Daten. Der Nachrichtendienst würde so mehr und mehr zu einem Geheimdienst umfunktioniert. Ein Antrag zur Überwachung wird vom Richter zwangsläufig genehmigt werden müssen. Er kann nicht wissen, ob es stimmt, was der Nachrichtendienst behauptet. Selbst bei ausreichenden Leitplanken ist am Ende der Vollzug durch den Nachrichtendienst entscheidend.
Mehr Daten heisst nicht mehr Sicherheit
Die Notwendigkeit dieses neuen Nachrichtendienstgesetzes wird u.a. mit den Terroranschlägen von Paris und Brüssel begründet. Für die Verfolgung terroristischer Aktivitäten und organisierter Kriminalität sind jedoch in unserem Land die Bundesanwaltschaft und die kantonalen Polizeibehörden zuständig. Sie verfügen bereits heute über die notwendigen gesetzlichen Mittel. Die grausamen Anschläge in Paris und Brüssel wurden verübt, obwohl die meisten Terroristen den Geheimdiensten bekannt waren. Bei der Flut von gesammelten Daten, die relevanten Informationen herauszufiltern, ist jedoch für jeden Nachrichtendienst ähnlich schwierig wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Zudem gibt es bei dieser Fülle von Daten keine Garantie, dass alleine die Stecknadel ausgewertet und die Fülle der Restdaten ignoriert wird. Das Missbrauchspotential ist gross. Es hat sich u.a. bei den skandalösen Fichenaffären von 1989 und 2010 immer wieder gezeigt, dass der Nachrichtendienst nicht in der Lage ist, Datensicherheit zu gewährleisten. Deshalb darf nicht ein weiteres Daten sammelndes Monster innerhalb unseres Staates geschaffen werden.
Wenn wir die Angriffe auf unsere Gesellschaft mit einem verschärften Nachrichtendienstgesetz, das seinerseits unsere Freiheit einschränkt, beantworten, kriechen wir der Strategie des Terrors auf den Leim. Der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg verteidigte jene offene und freie Gesellschaft, welche vor fünf Jahren bei den grausamen Anschlägen in Oslo und auf Utøya hätte zerstört werden sollen, mit starken Worten: «Unsere Antwort auf den Terror wird mehr Demokratie, mehr Offenheit und mehr Toleranz sein.»
Eines ist klar: Terror können wir nicht mit Repression und Abschreckung bekämpfen und unsere Freiheit ist nicht durch einen Polizei- und Schnüffelstaat zu verteidigen. Dies gelingt vielmehr durch weniger Kriege, weniger Kriegsmaterialexporte und weniger ökonomische Ausbeutung – durch eine gerechtere Verteilung von Vermögen und Lebenschancen in einer Gesellschaft, welche allen Perspektiven, Chancen und Hoffnung bietet.
Die SP AI sagt «Nein» zum neuen Nachrichtendienstgesetz, das dem Schnüffelstaat Tür und Tor öffnet und damit seinerseits die Freiheit aller Menschen in unserem Land bedroht.