Der Zürcher Wirtschaftjournalist Lukas Hässig zeigte anschaulich den schleichenden Untergang der CS – ein Flaggschiff der Schweizer Banken – auf. Die Krisen – von Managementversäumnissen bis zu gescheiterten Hochrisikogeschäften – häuften sich in den letzten Jahren in immer schnellerem Takt. Laut Hässig war der «Schweizer Bankentanker Nummer 2» Mitte 2022 auf Grund sich häufenden Führungsproblemen nicht mehr manöverierbar. «Eine neue Crew auf der Kommandobrücke sollte Ruhe bringen und Zeichen setzen. Doch sie unternahm nichts». Als sich anfangs Oktober 2022 in den sozialen Medien negative Schlagzeilen häuften, begann der CS-Tanker endgültig zu kippen. Dies hatte zur Folge, dass Grosskunden verunsichert ihr Geld abzogen. Ende Oktober 2022 stellte eine neue Führungsequipe einen Rettungsplan für eine «New CS» vor, der das Herunterfahren des risikoreichen Investmentbanking beinhaltete. Das Vertrauen der Kunden war zu stark angekratzt. Die Aktien sackten ab. Schlussendlich besiegelte die Krise einer kleinen Silicon Valley-Bank den endgültigen CS-Untergang.
Aus der Not heraus musste über das Wochenende vom 18./19. März 2023 ein Plan aus dem Hut gezaubert werden – mit dem Resultat, der Übernahme der gescheiterten CS durch die UBS. Hässig bezeichnete diese Phase als totale Überforderung der Beteiligten: «Dieses Vorgehen widerspricht allen Versprechen, dass Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nie mehr für das Versagen von hoch bezahlten Spitzenbankern geradezustehen hätten.» Die Schweizerische Nationalbank musste jedoch diese Rettungsaktion mit einer Liquiditätshilfe bis zu 200 Milliarden Franken unterstützen – die Hälfte garantiert vom Bund. Zusätzlich sicherte der Bund per Notrecht eine Garantie von neun Milliarden Franken zu. Finanzministerin Keller-Sutter bezeichnete dieses Vorgehen allerdings nicht als Rettungsaktion, sondern als privatwirtschaftliche Lösung.
Wettbewerb fehlt
Diese Entwicklung sieht Lukas Hässig sehr kritisch: «Jetzt gibt es einen hochrisikoreichen Bankenmoloch UBS. Künftig fehlt der Schweiz interne Wettbewerb im Bankenwesen. Die Möglichkeit einer CS-Übernahme durch den Staat hätte durchaus auch bestanden. Kontrollmechanismen haben total versagt. Schliesslich habe die CS-Führungscrew gut verdient, jedoch schlecht gearbeitet.» Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) wäre gefordert gewesen. Doch gemäss Hässig sei die FINMA bei den Kleinen sehr streng. Doch Grosse lasse sie an der langen Leine gewähren: «Nun muss eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) aufarbeiten, weshalb diese Misswirtschaft möglich wurde.» Unter anderem sind die Boni-Exzesse ein grosses Problem. Hässigs Berechnungen zeigen: «Die hochdotierte CS-Führungsetage hat sich im vergangenen Krisenjahrzehnt mit 38 Milliarden Franken Boni bedient. Aktionärinnen und Aktionäre hingegen gingen leer aus. Die Obersten haben gut verdient, jedoch schlecht gearbeitet.»
Wider das Vergessen
Der Wirtschaftjournalist zeigte auf, wie sich in regelmässigen Abständen – in unserem Land alle 15 Jahre – bedeutende Bankenkrisen wiederholen: 1993 wurde die serbelnde Schweizerische Volksbank von der CS übernommen. In der globalen Finanzkrise 2008 musste die abstürzende UBS vom Staat gerettet werden. Und 2023 brauchte es – trotz erlassenen Too-big-to-fail Regulierungen – die CS-Rettungsaktion. Fragen bleiben: Wann passiert es wieder? Könnte die neue Mega-UBS gerettet werden? Zur deren Zukunft äusserte sich Hässig kritisch. Aus seiner Sicht gibt es zwei Möglichkeiten: «Die Grossbank UBS wird ins internationale Geschäft und in eine UBS mit Schweizer Substanz zweigeteilt, um das Risiko zu minimieren. Oder man vertraut dem neuen Bankenmoloch UBS, dessen Rettung unser ganzes Land mitreissen würde.»
In der abschliessenden Diskussion mit fachkundigem Publikum wurde klar: Das Wesen des Geldes ist nicht endgültig fassbar, was Prognosen für die Zukunft erschwert. Es besteht zudem die Gefahr, schnell zur Tagesordnung überzugehen und nachlässig zu werden. Deshalb war dieser interessante Diskussionsabend ein bedeutender Beitrag wider das Vergessen.