Sehr geehrter Herr Ständerat Bischofberger
Sehr geehrter Herr Nationalrat Fässler
Sie befassten sich während dieser Session schon mit der Asylgesetzrevision oder werden sich in Ihrem Rat damit noch beschäftigen. Der Ständerat hat in der vergangenen ersten Woche der Herbstsession die massiven Verschärfungen des Nationalrats teilweise korrigiert, denen auch Sie, Herr Nationalrat Fässler, zugestimmt haben. Die kleine Kammer hat die schlimmste nationalrätliche Forderung – die völkerrechtswidrige Streichung der Sozialhilfe für Asylsuchende – rückgängig gemacht. Es ist nicht zu rechtfertigen, wegen wenigen Asylsuchenden, die uns das Leben schwer machen, allen nur noch Nothilfe zu gewähren. Solche Kollektivstrafen widersprechen der humanitären Tradition der Schweiz.
Der Ständerat verkürzte zudem die nationalrätliche Sperrfrist für den Familiennachzug bei vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen wieder von fünf auf drei Jahre. Dies nehmen wir mit Genugtuung zur Kenntnis.
Wir fordern Sie jedoch zu weiteren dringend notwendigen Korrekturen auf: Kriegsdienstverweigerung und Desertion müssen weiterhin Grund für Asyl bleiben. BürgerInnen in Eritrea können beispielsweise auf unbestimmte Zeit zum Militärdienst gezwungen werden. Dies verurteilt der UNO-Menschenrechtsrat. Die Ablehnung von Asyl für Deserteure, denen in ihrer Heimat Folter droht, verstösst auch gegen die Flüchtlingskonvention.
Zudem ist es dringend nötig, auch künftig auf Schweizer Botschaften Asyl beantragen zu können. Sonst bleibt vielen Asylsuchenden einzig der Weg, mit Hilfe illegaler Schlepperorganisationen eine oft gefährliche «Reise der Hoffnung» anzutreten.
Es ist nicht zu rechtfertigen, dass der Ständerat an diesen Verschärfungen festhält und sie auch noch für dringlich erklärt, so dass sie direkt nach der Verabschiedung durch das Parlament umgesetzt werden. Das Referendumsrecht wird dadurch ausgehebelt. Dies ist unverhältnismässig, populistisch und rechtsstaatlich höchst bedenklich!
Wer es mit der langjährigen humanitären Tradition, auf die wir in unserem Land zu Recht stolz sind, ernst meint, unterstützt eine Asylpolitik, die verfolgten Menschen Schutz gewährt, Asylverfahren rasch und fair bei Wahrung der rechtsstaatlichen Mittel durchführt, Missbräuche bekämpft, die Sicherheit aller gewährleistet, eine bessere Zusammenarbeit und Koordination fördert und über genügend Ressourcen verfügt.
Deshalb mischen wir uns ein. Wir überlassen das Feld nicht jenen, die Scheinlösungen bewirtschaften und die Asylpolitik als Profilierungsplattform für eine härtere Gangart missbrauchen. Wir appellieren an Sie als Innerrhoder Vertreter im Bundesparlament: Setzen Sie sich für ein menschenwürdiges Asylgesetz ein! Tragen Sie dazu bei, dass unser Asylrecht dem Schutz von verfolgten Menschen und nicht der Verhinderung von Asylgesuchen dient!